Bericht Menhely Kecskemét, 25. bis 26. September 2024
Publiziert: Freitag, 04.10.2024 (Kommentare: 0)
Zum ersten Mal überhaupt durfte ich am 25. und 26. September 2024 zwei Tage im Menhely Kecskemét, Ungarn, verbringen. Es waren ebenso emotionale, berührende, traurige wie auch schöne, frohe und freudvolle Stunden mit all den Tieren und dem äusserst engagierten und professionellen Team - allen voran Yvette Höner, Ornella Pineroli, Andi Biro und Norbi Major, aber auch den vielen Tierpflegern, welche nicht nur mit Reinigungs-, Pflege- und Fütterungsarbeiten beschäftigt sind, sondern die Hunde auch auf die Spielplätze oder in die sich auf dem Areal befindliche Tierarztpraxis bringen.
Der Empfang am 25. September 2024 war sehr herzlich, und ich tauchte sofort ein in die eigene Welt des Menhely. Umgeben von so vielen Hunden fühlte ich mich einerseits sehr glücklich, andererseits aber auch bedrückt, ist doch den Tieren der Stress und die Unruhe anzumerken, dem sie im Tierheim notgedrungen ausgesetzt sind.
Zunächst wurde ich in die beeindruckend ausgestattete Krankenstation geführt, wo Hunde und Katzen liebevoll und professionell gepflegt werden und sich von Operationen (etwa Amputationen, Kastrationen etc.) erholen, welche vor Ort von einem an jedem Werktag anwesenden Tierarzt durchgeführt werden. Ebenfalls in der Krankenstation stiess ich auf zwei Würfe von Dackel-Welpen (ca. 4 und 8 Wochen alt), welche die ungarische Polizei ins Menhely brachte, nachdem sie anlässlich einer Kontrolle eines Lastwagens beschlagnahmt wurden (illegaler Tiertransport). Die von skrupellosen, herz- und verantwortungslosen Menschen von ihrer Mutter getrennten Welpen werden im Menhely so lange bleiben können, bis sie über animal-happyend einen schönen und vor allem hundegerechten Platz finden werden. Bis zur förmlichen Freigabe der Tiere durch die ungarischen Behörden sind uns allerdings in Sachen Vermittlungstätigkeit die Hände gebunden. Die Welpen werden aber nun fachgerecht geimpft, generell medizinisch versorgt und zufolge Fehlens der Mutter «aufgepäppelt». Vorausgesetzt, die Freigabe durch die Behörden erfolgt und sie überleben die nächsten Wochen ohne Mutter, sind die Welpen frühestens nach 16 Wochen bereit für eine Vermittlung und damit einen Transport in die Schweiz.
In der Krankenstation durfte ich auch Freundschaft schliessen mit weiteren Tieren - vor allem aber einer kleinen dreibeinigen Katze, welche die Amputation des linken Hinterbeins über sich ergehen lassen musste und mit einem Dackel, dem ein Tumor entfernt wurde.
Als nächstens besichtigte ich die Quarantäne-Station, wo die neu ankommenden Tiere die ersten 2 Wochen verbringen müssen; dies vor allem, um die Verbreitung von Krankheiten im Tierheim zu unterbinden. Auch die noch namenslosen Hunde berührten mich sehr – besonders auch ein völlig abgemagertes Tier, bei welchem man am Rücken jeden Wirbelknochen sehen konnte. Ich hoffe für sie alle, dass sie diese erste schwierige Zeit im Heim überleben und überstehen, alsdann ihren Platz im Haupttrakt einnehmen und so die Chance erhalten dürfen, über animal-happyend und unseren Partner-Organisationen aus Deutschland und Österreich ein schönes und liebevolles zuhause zu finden.
Bei der anschliessenden Besichtigung des Tierheims, welche in mehreren Etappen und während zwei Tagen erfolgte, begegnete ich den verschiedensten Hunden. Sie alle in ihren «Käfigen» zu sehen, löste einerseits ein Gefühl der Traurigkeit aus – zumal die Tiere alle auf ihre Art und Weise signalisierten, wie sehr sie sich nach Freiheit, Bewegung und liebevoller Zuneigung sehnen und dafür alles tun, was in ihrer Macht steht. Die meisten bellen und springen schwanzwedelnd am Gitter hoch, andere bleiben scheu im Hintergrund, wobei aber auch deren Augen in aller Deutlichkeit sagen: «Ich will raus und hinein in ein schönes tiergerechtes Hundeleben». Die ängstlichen verkriechen sich in der hintersten Ecke des Zwingers oder hinter der Hundehütte, blicken aber auch mit Sehnsucht in die weite Welt hinaus, welche hinter dem Drahtgeflecht ihres Zwingers liegt.
Andererseits ist das Menhely aber auch ein Ort der grossen Hoffnungen und stellt die notwendige Voraussetzung für jedes animal-happyend dar – denn es ist der Platz, wo die Hunde eine Chance auf Vermittlung und damit ein gutes Leben erhalten.
Diese Ambivalenz zwischen Traurigkeit und Hoffnung begleitete mich während meines zweitägigen Besuches und darüber hinaus und treibt dazu an, noch mehr für die Tiere zu tun. Der Besuch gab mir unglaublich viel Motivation für die Arbeit für animal-happyend, denn jedes Tier, dem ich begegnen durfte, berührte mein Herz. Und jedes Tier, das vermittelt werden und auf den Transport in die Schweiz gehen kann, ist ein unglaublich schöner Erfolg.
Besonders bedrückend ist die Situation für die Schäferhunde und deren Mixe, welche aufgrund ihres Bewegungsdrangs und ihres Wunschs nach Beschäftigung im Zwinger regelrecht verrückt werden und wild herumrennen und springen.
Aber auch die Situation der Listenhunde ist tragisch. Diese geben sich – so jedenfalls mein Eindruck – eher ihrem Schicksal hin, ja teilweise fast schon auf. Tatsache ist, dass die Listenhunde kaum eine Chance haben, da deren Vermittlung schwierig bis unmöglich ist, zumal sich die Rechtslage in den meisten Schweizer Kantonen derart präsentiert, dass das Einführen und Halten dieser Hunde verboten ist. So ist es leider so, dass etliche der Listenhunde schon seit Jahren im Menhely auf ein besseres Leben warten und darauf hoffen.
Besonders ins Herz geschlossen habe in den Staffmix «Bruno 13», ein sanftmütiger und liebenswürdiger «Koloss» mit einem Gewicht von gut 34 Kilogramm. «Bruno» wartet seit bald 3 Jahren (i.e. seit dem 9. Dezember 2021) auf seine Chance, das Menhely in Kecskemét verlassen und den zweiten Teil seines Hundelebens («Bruno» ist unterdessen bald 6 ½) mit lieben Menschen verbringen zu dürfen. Ich durfte «Bruno» dann auch auf einen ausgiebigen Spaziergang mitnehmen – er liess sich problemlos an der Leine führen und hat es sichtlich genossen, die Umgebung ausserhalb des Tierheims zu erkunden. Auch das Streicheln gefiel ihm; er war nach dem Spaziergang dann aber sichtlich erschöpft – kein Wunder bei seinem Gewicht, welches er seit seiner Ankunft im Tierheim mehr als verdoppelt hat.
Aber der liebenswürdige und sanftmütige «Bruno» ist nur einer von vielen «Listis», welche sich – wie alle Hunde im Heim – nach einem hundegerechten Leben bei lieben Menschen sehnen.
In die Kategorie sanfter Riese gehört auch der verspielte, kontaktfreudige und verschmuste Mastiff-Mix «Wesley», mit dem ich auf einem Spaziergang auch sofort Freundschaft geschlossen habe.
Mit zahlreichen Hunden konnte ich während der beiden Tage, die ich im Tierheim verbringen durfte, ausgiebige Spaziergänge unternehmen oder auf den Spielplätzen spielen und dabei ihre Freude am Kontakt mit Menschen und der Freiheit hautnah und direkt erleben. Die Dankbarkeit der Hunde für jede Streicheleinheit, jedes liebe Wort und jede Minute eines Spaziergangs, ist so deutlich spürbar und geht direkt ins Herz eines jeden Hunde- und Tierfreundes.
Erwähnen möchte ich neben den bereits genannten «Bruno» und «Wesley» exemplarisch die taube Dalamtiner-Hündin «Zsüli», welche am 3. Oktober 2024 zu mir auf Pflege kommen darf (herzlichen Dank an Yvette Höner für die Unterstützung bei dieser schönen Aufgabe!), den lustigen und aufgestellten Mix «Parker», die verspielte und fröhliche «Filomena» (ein bald einjähriger Malimix), die ganz junge Hündin «Zina-4», ein Mix, welcher erst gerade vor ein paar Tage im Heim eingetroffen ist, oder «Baldo», ein allerliebster Schweisshund, der auf dem Spaziergang seine Nase ebenso wenig vom Boden lösen konnte wie der schöne Pointer-Mix «Zselé-2». Beide freuen sich auf baldige Fährtensuche oder anderen Tätigkeiten mit lieben Menschen.
Der Besuch im Tierheim hat mich insgesamt sehr berührt. Und gleichermassen auch darin bestärkt, wie wichtig und richtig die Arbeit von animal-happyend ist und wie dankbar wir sein dürfen für all die stillen Helferinnen und Helfer in Ungarn und der Schweiz, welche den Hunden ein schönes Leben bei lieben Menschen ermöglichen. Ich war und bin beeindruckt ob der Organisation des Tierheims. Ungeachtet der grossen Zahl an Hunden (ca. 350) ist alles so sauber gehalten wie möglich, die Hunde verfügen über wettergeschützte Zwinger und isolierte Hundehütten – sie erhalten die Gelegenheit zum täglichen Spielen auf den verschiedenen Spielplätzen und können sich auch über Spaziergänge in der schönen Natur ausserhalb des Heims freuen. Viele Bäume verleihen dem Tierheim einen freundlichen Eindruck. Man merkt, dass hier alles im Bereich des Möglichen getan wird, um den Hunden im Lichte der gegebenen Umstände gerecht zu werden.
Und trotzdem ist und bleibt das Heim eben notgedrungen doch eine Zwischenstation – und das merkt man. Es ist ein Ort zwischen Traurigkeit und Hoffnung, zwischen Verzweiflung und Freude, zwischen Ankunft und Weiterreise bzw. Abschied, ja auch zwischen Leben und Tod. Ich begegnete denn auch Tieren, bei denen man ahnt oder befürchtet, dass es ungeachtet aller Bemühungen nicht mehr gut kommen kann. Nennen möchte ich eine sehr versehrte Katze in der Krankenstation oder eben Bruno und all seine Art- und Leidensgenossen, die in der Zwischenstation leider bislang steckengeblieben sind und für die es umso wichtiger wäre, dass sie bald vermittelt werden könnten.
Der Abschied vom Menhely fiel mir nach den beiden Tagen sehr schwer. Einerseits hatte ich die Hunde ins Herz geschlossen, andererseits aber auch Ornella, Andi und Norbi, mit denen ich viel Zeit verbringen durfte. Bereits jetzt freue ich mich auf die Rückkehr nach Kecskemét und die nächste Transportankunft vom 3. Oktober 2024.
Abschliessend noch folgendes in eigener Sache: Ich habe mir zum Ziel gesetzt, im Frühling 2025 eine Woche nach Kecskemét zu reisen und dabei mit ALLEN Hunden mindestens einen Spaziergang zu machen. Ob ich das schaffe? Wir werden es sehen! Mein Ziel ist es so oder anders aber weiterhin, so vielen Hunden wie nur möglich zu helfen. Da können wir mit Sicherheit gemeinsam schaffen.
Bernhard Isenring, 30. September 2024
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